WINNETOU  2. TEIL

ORIGINAL FILM STORY UND FILM BILDER


Winnetou 2. Teil, Old Shatterhand und WinnetouWinnetou und Old Shatterhand

»Der Tod seines Vaters wurde zum Wendepunkt in Winnetous Leben. Er war jetzt Häuptling und trug die Verantwortung für alle Apatschen, die in den weiten Jagdgründen zwischen Texas und New Mexico lebten. Das rücksichtslose Vordringen der weißen Eroberer drohte einen neuen Indianer-Krieg mit allen seinen Schrecknis zu entfesseln. Der junge Apatschen-Häuptling sah seine Lebensaufgabe darin dieses Unheil, das den Untergang aller Indianer-Stämme bedeuten würde, zu verhindern!«


INHALT

INFO
FILM-STORY
FILM-PLAKATE/ POSTER
REFERENZ


INFO

WINNETOU 2. TEIL

Bilder aus dem Cinemascope-Farbfilm nach dem gleichnamigen Roman von Karl May

Produktion: Rialto-Film Preben Philipsen/Jadran-Film
Regie: Dr. Harald Reinl
Gesamtleitung: Horst Wendlandt

Personen und ihre Darsteller:

Old Shatterhand . . . . . Lex Barker
Winnetou . . . . . . . . . .  Pierre Brice
Forrester . . . . . . . . . . Anthony Steel
Ribanna . . . . . . . . . . .  Karin Dor
Luke . . . . . . . . . . . . . . Klaus Kinski
Leutnant Merril . . . . .  Mario Girotti
Oberst J. F. Merril . . .  Renato Baldini
Lord Castlepool . . . . .  Eddi Arent

Verleih: Constantin-Film


WINNETOU 2. TEIL

Winnetou entdeckt auf seinem Ritt zu den Assiniboins ein Mädchen im Kampf mit einem BärenMit dem blanken Messer geht Ribanna gegen das Ungetüm vor

Einleitung

Seit dem Tode seines Vaters Intschu-tschuna war Winnetou der oberste Häuptling der Apatschen. Noch immer war der Friede zwischen Indianern und Weißen nicht gefestigt. Gebrochene Verträge, Überfälle und das Abschlachten riesiger Büffelherden hatten Haß, Verbitterung und Mißtrauen gesät. Die Rothäute hatten das Kriegsbeil wieder ausgegraben, und eine Kleinigkeit konnte wirken wie der Funke im Pulverfaß und einen neuen Indianerkrieg entfesseln. Ein solcher Krieg hätte aber den Untergang der Indianervölker bedeutet. Das wußte der junge Apatschen-Häuptling Winnetou wohl. Er hatte es sich zum Ziel gesetzt, diesen Krieg zu verhindern und mit den Weißen einen dauerhaften Frieden zu schließen. Er hatte im Sinn, alle Indianerhäuptlinge nach Fort Niobrara zu rufen, um dort mit Oberst Merril über den Frieden zu verhandeln. Jetzt war Winnetou auf dem Weg zu Tah-scha-tunga, dem mächtigen Häuptling der Assiniboins. Sein Rapphengst Iltschi trug ihn eben einen Hügel hinan, als sein feines Ohr plötzlich verdächtige Geräusche vernahm. Unter einer Tanne zügelte er sein Pferd und lauschte, wachsam um sich blickend, während seine Hand nach der Silberbüchse seines Vaters griff. Langsam ritt er nun weiter, alle Sinne angespannt. Plötzlich ertönte ein Schuß, und gleich darauf brach ein mit bunter Indianerdecke gesatteltes, aber reiterloses Pferd aus dem Wald und raste in wilder Panik an Winnetou vorbei den Hügel hinunter. Winnetou jagte nun in die Richtung, aus der das Pferd gekommen war. Vor einer Lichtung stoppte er jäh. Er sah einen riesigen Bären, über dessen Flanke Blut floß. Er hatte sich auf die Hinterbeine erhoben und ging mit wütendem Brummen und erhobenen Vorderpranken auf eine junge Indianerin los. Diese, nur mit einem Messer bewaffnet, begegnete mutig dem mächtigen Raubtier. Ihre Jagdbüchse lag hinter dem Bären am Boden. Sofort sprang Winnetou vom Pferd, riß seine Silberbüchse hoch und zielte auf das Untier. Doch er konnte nicht schießen, weil das Mädchen direkt in der Schußlinie vor dem Bären stand. Eben griff dieser die Indianerin von neuem an. Mit einem Prankenhieb zerfetzte er ihr die Schulter und warf sie zu Boden. Nun riß Winnetou das Messer aus dem Gürtel und schnellte mit einem mächtigen Sprung auf den Bären zu. Tief bohrte sich sein Messer in das Fell des Tieres. Der Koloß wankte und riß Winnetou mit sich zu Boden. Doch blitzschnell sprang dieser wieder auf und erwartete einen neuen Angriff des Bären. Mit weit geöffnetem Rachen nahte dieser. Da warf sich Winnetou mitten zwischen seine Vorderpranken und bohrte sein Messer tief ins Herz des Raubtieres. Bevor Winnetou zurückspringen konnte, umschlossen ihn die Bärenpranken, aber es war keine Kraft mehr in ihnen. Dann stürzte das Untier, Winnetou unter sich begrabend, zu Boden und blieb reglos liegen. Winnetou befreite sich von den Pranken und stand auf. Seine Blicke suchten das Indianermädchen, das mit schreckgeweiteten Augen den Kampf verfolgt hatte. Rasch eilte er zu ihr. Sie zeigte auf den toten Bären und fragte: «Tele schoma motä?» Aber Winnetou schüttelte lächelnd den Kopf und erwiderte: «Ich verstehe deine Sprache nicht, sprichst du vielleicht die Sprache des weißen Mannes?», Das Mädchen antwortete: «Mein Volk kämpft gegen die Bleichgesichter, aber viele von uns haben ihre Sprache gelernt.» - «Wie heißt du?», fragte Winnetou. «Ich heiße Ribanna», antwortete sie, «und wie ist dein Name?» - «Winnetou.» - «Ribanna dankt Winnetou, er hat ihr das Leben gerettet», sagte nun die Indianerin ernst.

Winnetou hat das gefährliche Tier erlegt und Ribanna damit das Leben gerettetRibanna verschweigt Winnetou, daß sie die Häuptlingstochter der Assiniboins ist

Winnetou ist mit Ribanna bei ihrem Vater, Häuptling Tah-schah-tunga, angekommenSie müssen mit ansehen, wie einer der Indianer einem Gefangenen brutal ins Gesicht schlägt

Winnetou untersuchte nun Ribannas Wunden an der Schulter. «Du mußt große Schmerzen haben», sagte er. Aber Ribanna antwortete: «Ich fühle den Schmerz nicht». Da erwiderte Winnetou: «Die Männer deines Volkes müssen große Krieger sein, wenn schon die Frauen so tapfer sind. - Doch nun komm, ich führe dich nach Hause.» Auf seinen Pfiff hin kam Iltschi sofort aus dem Wald auf seinen Herrn zu. Winnetou wollte Ribanna aufheben, um sie zum Pferd zu tragen, doch diese weigerte sich mit den Worten: «Ich kann gehen.» In diesem Moment hörte Winnetou die Hufschläge nahender Pferde. Ein Trupp von acht Indianern in voller Kriegsbemalung, die Lanzen gesenkt, ritt auf Ribanna und Winnetou zu. Winnetou hob seine Büchse vom Boden auf, doch Ribanna beruhigte ihn: «Das sind Krieger meines Stammes.» Auf einen Zuruf von ihr hielten die Reiter an. Einer brachte das reiterlose Pferd mit der bunten Satteldecke neben Ribanna zum Stehen und half ihr aufsteigen. Langsam ritten nun Winnetou und Ribanna, gefolgt von den acht Kriegern, nach Ribannas Heimatdorf.

Dort wurde unterdessen die Kriegstrommel geschlagen. Frauen und Kinder waren auf den Beinen, um die heimkehrenden Krieger zu empfangen. Diese schleppten bei der Ankunft im Dorfe drei gefangene Bleichgesichter mit. Es waren Leutnant Merril und zwei Soldaten aus dem Fort Niobrara. Sie waren am Morgen auf Patrouille geritten und dann von den Rothäuten gefangen genommen worden. Nun wurden sie mit langen Stricken an die Marterpfähle gefesselt, die Hände auf dem Rücken.
Inzwischen war Winnetou mit Ribanna im Dorfe angekommen. Ribanna führte ihn zu ihrem Vater, der eben aus dem Häuptlingszelt trat. «Vater, Winnetou hat mir das Leben gerettet, als mein Schuß einen Bären nur streifte», erzählte sie. Der Häuptling trat auf Winnetou zu, reichte ihm die Hand und sprach: «Tah-scha-tunga, der oberste Häuptling der Assiniboins, dankt Winnetou, daß er sein einziges Kind gerettet hat. Winnetou möge vor Tah-scha-tunga einen Wunsch aussprechen. Er soll ihm erfüllt werden.» Winnetou blickte zu den drei gefesselten Bleichgesichtern hinüber und sprach dann mit fester Stimme: «Tah-scha-tunga möge diesen weißen Männern das Leben schenken, das ist Winnetous Wunsch.» Der Häuptling winkte die Stammesältesten heran und trat mit ihnen, gefolgt von Winnetou und Ribanna, ins Häuptlingszelt zur Beratung. Tah-scha-tunga fragte: «Weißt du, was du von mir verlangst, Winnetou?» - «Ich weiß es», antwortete Winnetou, «ich erbitte das Leben der Bleichgesichter um des Friedens willen.» Aber der Häuptling schüttelte den Kopf: «Die Bleichgesichter haben den Frieden gebrochen, nicht wir. Sie raubten uns unser Land, und als wir uns wehrten, kamen die Soldaten, und unsere Krieger fielen wie das Laub von den Bäumen, wenn der Herbstwind weht. - Und trotzdem ist es ehrenvoller, zu sterben, als in Knechtschaft zu leben.» - «Das ist wahr», antwortete Winnetou, «aber was soll aus den Frauen und Kindern werden, wenn niemand mehr da ist, der sie ernährt? Krieg heißt Tod, Friede heißt Leben, und um zu leben hat Manitu uns geschaffen.»
Lange saß Tah-scha-tunga in Gedanken versunken da. Endlich sprach er: «Winnetou hat recht, was soll ich tun?» Jetzt redete Winnetou eindringlich: «Die Stämme des Südens wollen den Frieden. Sende du jetzt Boten zu den Stämmen des Nordens und fordere sie auf, das Kriegsbeil zu begraben.

Ribanna tritt zu dem Gefangenen, Leutnant MerrilDer Häuptling erfährt, daß Winnetou Ribanna das Leben gerettet hat

Winnetou darf dem Häuptling Tah-scha-tunga einen Wunsch äußernWinnetou bittet um Befreiung Leutnant Merrils und seiner Freunde

Alle Häuptlinge sollen sich im Fort Niobrara treffen und mit den Weißen über den Frieden verhandeln.» Tah-scha-tunga überlegte. Dann sagte er zu Winnetou: «In meinem Herzen wohnen immer noch Zweifel. Aber du hast Ribanna gerettet. Deshalb tue ich, wie du sagst. Ich werde die Boten senden.» Er erhob sich und trat mit Winnetou und den andern ins Freie zu den Gefangenen. Winnetou fragte sie nach Namen und Herkunft. Als die Antwort ihn befriedigte, nickte er Tah-scha- tunga zu. Dieser reichte Winnetou sein Messer. Damit zerschnitt er die Fesseln der drei und sagte zu Merril: «Ihr seid frei. Reitet zurück und meldet eurem Vater, wenn der neue Mond sich rundet, kommen alle Indianerhäuptlinge zum Fort Niobrara, um zu beraten, wie der Friede gerettet werden kann.» Die Pferde der Weißen wurden gebracht. Bevor Merril aufstieg, trat er vor Ribanna und sagte ernst: «Danke.» Danach stoben die drei Geretteten aus dem Dorf der Assiniboins hinaus. Tah-scha-tunga bat nun Winnetou, als Gast in seinem Dorf zu bleiben, bis es Zeit sei, nach dem Fort Niobrara zu reiten.

Die drei Soldaten ritten bis zum Einbruch der Nacht. Müde wie sie waren, suchten sie sich nun einen geeigneten Lagerplatz, wickelten sich in ihre Satteldecken und schliefen alsbald ein. Im ersten Morgengrauen erwachte Merril, blieb aber noch liegen. Plötzlich richtete er sich wachsam auf und lauschte angestrengt. Was hatte er gehört? Seine Blicke drangen durch die Morgendämmerung und erkannten einen Trupp von etwa 50 Reitern, der in weiter Ferne dahinzog. Hastig weckte Merril jetzt seine. Kameraden und machte sie auf die Reiter aufmerksam. «Wo wollen die wohl hin?» fragten sie sich. «Dort unten muß irgendwo ein Dorf der Ponca-Indianer liegen», erklärte Merril. «Wenn das nur nicht Unheil bedeutet.» Schweigend erhoben sich die drei Soldaten und schwangen sich auf ihre Pferde, um ihren Weg fortzusetzen. Sie ritten in Richtung Ponca-Dorf und Reitertrupp davon.
Unterdessen näherten sich die Reiter dem Ponca-Dorf. Es waren verwegen und gefährlich aussehende Männer, alle schwer bewaffnet. Ihnen voran ritt Forrester, ihr Anführer. Nicht weit vom Ponca-Dorf entfernt gab er das Zeichen zum Halten. Die Hälfte der Reiter, alle mit Lassos in den Händen, stellte sich in einer langen Reihe auf. Dahinter wartete die zweite Gruppe auf das Zeichen zum Angriff.
Im Ponca-Dorf war noch alles ruhig, die Zelte verschlossen. Zwei Wächter standen bewegungslos, die Lanzen in der Hand. Ihnen näherte sich Forrester mit seinen Vertrauten Cäsar und Luke. «Was wollt ihr?» riefen ihnen die Wächter zu. «Wir haben den Weg verloren», log Forrester, «ein ganzes Faß voll Feuerwasser könnt ihr verdienen, wenn ihr uns den Weg zeigt.» Die beiden Wächter blickten einander an, um sich zu beraten. Diesen Augenblick der Unaufmerksamkeit benutzten Forrester und seine Gesellen. Messer blitzten, sausten durch die Luft, und tödlich getroffen fielen die Wächter. Nun jagte Forrester aus seinem Revolver einen Schuß in den Himmel - das Zeichen zum Angriff. Die Lassoreiter preschten heran, warfen ihre Schlingen über die Stangen, die oben aus den Zelten ragten und rissen im Weiterreiten die Zelte um. Geschrei von Frauen und Kindern ertönte. Die Poncas krochen unter ihren Zelten hervor und wollten flüchten. Aber die zweite Reitergruppe war da und schoß in das Gewimmel hinein, Tod und Verderben bringend. Wer sich wehrte, wurde zu Boden geritten oder erschossen. Nur ein Indianer, der

Die drei befreiten Soldaten galoppieren aus dem Dorf herausZwei Vorposten, darunter der vor nichts zurückschreckende Luke, pirschen sich an die Wachtposten heran

Eine Reiterbande stürmt das Dorf der Ponca-IndianerForrester gibt seinen Leuten das Zeichen zum Angriff

Häuptling, konnte sich zu den Pferden durchschlagen. Das zerstörte, nun brennende Dorf verlassend, jagte er davon. Aber nicht in feiger Angst, nein, er hatte sich Rache geschworen. In rasendem Galopp ritten Merril und seine Begleiter heran und blickten sprachlos auf das zerstörte Dorf. Dann erblickten sie den lachenden Forrester und ritten zu ihm hin. Merril redete ihn zornig an: «Ihr Mörder, was haben diese Indianer euch getan? Warum habt ihr das Dorf zerstört? Ihr gehört an den Galgen. Indianer und Weiße wollen den Frieden - wenn es nun nicht dazu kommt, ist es eure Schuld. Ich werde heute noch im Fort Niobrara Meldung über euch erstatten.» Forrester schrie: «Frieden! daß ich nicht lache, und jetzt packt euch, wenn ihr nicht eine Ladung Blei in euer freches Maul wollt!» - Merril wußte, daß sie, unbewaffnet wie sie waren, nicht Widerstand leisten konnten, wendete sein Pferd und ritt mit seinen Kameraden davon. Forrester sah ihnen nach. Dann nickte er Cäsar zu und deutete mit dem Daumen hinter den Soldaten her. Cäsar verstand sofort. Mit drei andern folgte er rasch den Spuren Merrils und seiner Kameraden. Diese erreichten bald einen klaren See, an dessen Ufer sie sich ausruhen und etwas essen wollten. Aber die Ruhe dauerte nicht lange. Cäsar und seine Genossen griffen sie von oben an. Ein Schuß verwundete einen der Soldaten. Die drei krochen schnell in Deckung. Rings um ihr Versteck schlugen die Geschosse der Banditen auf die Felsen. Plötzlich schrie einer der Verfolger auf und stürzte kopfüber zu ihnen herunter. Seitlich hinter einem Felsen hervor blitzten Schüsse in schneller Folge, und bald fiel ein zweiter Bandit, sich überschlagend, von den Felsen herunter. Nun ergriffen die übrigen die Flucht, aber nur Cäsar und Luke gelang sie. Jetzt richtete sich der Schütze hinter dem Felsen auf. Er war groß, blond, mit strahlend blauen Augen. Er rannte zu den drei Soldaten hinunter. Merril ging ihm entgegen mit den Worten: «Das war Rettung im letzten Augenblick, ich danke euch.» Er erzählte nun dem Blonden von ihrer Rettung durch Winnetou und von dem Überfall auf das Ponca-Dorf. Zuletzt fragte er: «Und wer seid ihr, wem verdanken wir unser Leben?» Der Blonde antwortete: «Man nennt mich Old Shatterhand. - Reitet nun ins Fort zurück und überlaßt die Banditen mir.» Damit wendete er sein Pferd und ritt davon.

Im Dorf der Assiniboins herrschte Friede. Spielende Kinder tummelten sich zwischen den Zelten, die Frauen gingen ihren Arbeiten nach. Am Waldrand übte sieh Ribanna im Bogenschießen. Winnetou stand lächelnd dabei und bewunderte ihre Treffsicherheit. Plötzlich brach ein Reiter durchs Unterholz. «Winnetou, du bist hier!» rief er und hielt an. Winnetou ergriff Ribannas Hand und zog sie mit sich zu dem Reiter hin. «Old Shatterhand, mein weißer Bruder!» rief er, «schau, dies ist Ribanna, die Tochter des Häuptlings der Assiniboins.» Freundlich begrüßte Old Shatterhand das Mädchen. Zu Winnetou sprach er: «Wir reiten zusammen zum Fort Niobrara, doch vorher habe ich noch etwas zu erledigen.» Damit ritt er davon. Winnetou und Ribanna holten nun ihre Pferde und ritten in den Wald hinein. «Ich zeige dir etwas», verhieß Ribanna. Am Fuß einer zerklüfteten Felswand stieg sie ab und ging zu Fuß weiter, Winnetou folgte ihr. Bald standen sie vor einem Höhleneingang. Auf Ribannas Ruf brachte ein alter Indianer eine brennende Fackel. In ihrem flackernden Schein betraten Ribanna und Winnetou die Höhle. Riesig, märchenhaft im

Die vorderste Gruppe der Reiter rast auf die Zelte zuBald stehen die Zelte in Flammen und beginnen zu stürzen

Voll Genugtuung blicken Forrester und seine Adjutanten auf das Werk der ZerstörungMerril und seine Freunde kommen hinzu und drohen Forrester, Meldung zu erstatten

Fackellicht, wölbte sie sich über ihnen. Leise erklärte Ribanna: «Diese Höhle ist die letzte Zuflucht für unsere Frauen und Kinder in Kriegsnot. Sie ist unser großes Geheimnis. Winnetou ist der einzige Fremde, der es kennt.» - «Bin ich denn immer noch ein Fremder?», fragte Winnetou. Ribanna antwortete: «Warte hier, bis ich deine Frage beantwortet habe.» Damit lief sie zur Höhlenwand hinüber. Dort legte sie beide Hände an den Mund und flüsterte gegen die Felsen «Winnetou!» Verwundert blickte sich jetzt Winnetou um, als das Echo von allen Seiten, lauter als Ribannas Stimme, ertönte: «Winnetou . . . Winnetou . . Winnetou . . .» - Als das Echo verhallt war, wandte sich Ribanna wieder Winnetou zu und lächelte: «Jetzt kennt Winnetou die Stimme unserer Höhle, er ist kein Fremder mehr.» Hand in Hand verließen sie darauf die Höhle und ritten ins Dorf zurück.

Old Shatterhand folgte den Banditen, die das Ponca-Dorf überfallen hatten. Auf einem Bergrücken stieg er ab, um ihre Spuren näher zu betrachten. Als er sich aufrichtete, murmelte er: «Hier sind sie nach rechts geritten.» - «Sie irren sich, diese Spur hört dort drüben auf, Sie müssen sich nach links wenden», hörte er eine Stimme sprechen. Erstaunt schaute Old Shatterhand auf und sah einen elegant gekleideten Herrn hinter einem Baum hervortreten. Ein breites Lachen ging über sein Gesicht. «Lord Castlepool!», rief er, «wo kommen Sie denn her?» - «Direkt aus Schottland», antwortete der Lord «Ich suche Abenteuer, und mit Ihnen werde ich sie sicher finden. Nehmen Sie mich mit!» Nach einigem Zögern war Old Shatterhand einverstanden. Der Lord pfiff gellend durch die Finger, worauf sein Pferd gehorsam aus dem Gebüsch angetrabt kam. Gemeinsam ritten nun die beiden Männer den Spuren der Banditen nach. Diese führten sie nach der Ölbohrstation New Venango.
Hier war eben Cäsar von der Verfolgung der Soldaten zurückgekehrt. Forrester fragte ihn: «Na, erledigt?» Cäsar mußte den kläglichen Mißerfolg zugeben, meinte aber, wenigsten habe ihn niemand verfolgt.
Bald kamen Old Shatterhand und der Lord auf das Ölfeld zugeritten, beobachtet vom Häuptling der Poncas, der die Spuren der Banditen auch verfolgt hatte. Gelassen ritten die beiden zu den Baracken, wo Forrester sie empfing. «Was wollt ihr hier?», herrschte er sie an. «Wir möchten in eurem Laden Vorräte kaufen», erwiderte Old Shatterhand harmlos. Aber davon wollte Forrester nichts wissen. Nur ein Tauschhandel käme in Frage, meinte er. Er bot Old Shatterhand Waren für 150, 200, dann 300 Dollar an für sein Pferd. Schließlich nickte dieser: «Also, nimm es.» Forrester trat auf Hatatitlo zu, um ihn zu greifen. Dieser aber stellte sich auf die Hinterbeine und teilte mit den Vorderhufen furchtbare Schläge aus. Niemand konnte sich ihm nähern. Lachend beruhigte ihn Old Shatterhand. Hatatitlo ließ sich nun mit dem Pferd des Lords in einen Schuppen führen. Forrester entfernte sich mit seinen Leuten. Old Shatterhand und der Lord gingen in den Laden. Hier flüsterte ihm der alte Jesse zu «Bleibt hier, da seid ihr sicher, ich hole meine Kameraden. Wir müssen mit euch reden, Old Shatterhand.» Bald kam er mit vier Männer zurück. Sie erzählten Old Shatterhand, Forrester haben ihnen gesagt, das Land von New Venango gehört nicht mehr den Indianern, diese seien fortgezogen. Nun würden sie aber oft von Indianern angegriffen und könnten

Freudig erblickt Ribanna ihren Freund Winnetou, der sie beim Spiel mit ihren Freundinnen überraschtWinnetou stellt Ribanna seinem Freund Old Shatterhand vor

Ribanna führt Winnetou zum großen Geheimnis der Assiniboins einer TropfsteinhöhleRibanna zeigt Winnetou die Zufluchtsstätte der Assiniboins

Forrester nicht mehr glauben. Gestern habe dieser sogar ein Ponca-Dorf überfallen. Sie möchten sich gegen Forrester erheben, hätten aber keine Waffen. Forrester habe sie ihnen weggenommen und lasse sie bewachen. Old Shatterhand versprach ihnen Hilfe. Nach Einbruch der Dunkelheit pirschten sie sich lautlos an den Waffenschuppen heran, überwältigten den Wächter und holten die Waffen heraus. Einer von Forresters Leuten bemerkte sie aber und wollte davonrennen, um Forrester Meldung zu machen. Plötzlich brach er mit einem Schrei zusammen. Ein Pfeil des Ponca-Häuptlings hatte ihn getroffen. Auf den Schrei hin stürmten Forresters Banditen herbei. Ein heftiger Kampf zwischen ihnen und den nun bewaffneten Arbeitern entbrannte. Da bemerkte einer den Ponca-Häuptling, der mit einer brennenden Fackel auf den Ölteich zurannte. Forrester erkannte die Gefahr und schrie: «Schießt ihn ab!» Schüsse knallten, aber keiner traf. Mit weit ausholendem Schwung warf der Ponca die Fackel in den Ölteich, und eine Feuerwand schoß brüllend daraus empor. Entsetzt sahen die Arbeiter die Gefahr und wollten fliehen. Aber Forrester wollte sie nicht entkommen lassen. «Sprengen!», befahl er. Sofort schleuderte Cäsar eine Stange Sprengstoff auf den Teichwall, der krachend barst. Nun wälzte sich ein Feuerstrom auf die Baracken zu. Alles floh wild durcheinander. Old Shatterhand tat einen Pfiff, und der brave Hatatitlo zertrümmerte mit den Hufen die Wand des Schuppens und stürmte, gefolgt vom Pferd des Lords, auf seinen Herrn zu. Schnell schwangen sich Old Shatterhand und der Lord auf die Pferde und flohen mit den Arbeitern vor dem verheerenden Feuer. «Bergwärts!», schrie Old Shatterhand. Die Pferde kletterten hurtig die Felsen hinan. Aber das Feuer nahte. Dicker, schwarzer Rauch nahm Menschen und Tieren den Atem. Keuchend rangen sie nach Luft. Die beiden Männer mußten absteigen und die Pferde führen. Da brach der Lord bewußtlos zusammen. Old Shatterhand nahm ihn auf den Rücken. Mit letzter Kraft versuchte er, sich und den Bewußtlosen über die oberste Felskante zu ziehen. Prasselnd nahte das Feuer. Da erschien in letzter Sekunde Winnetou und reichte seinem weißen Bruder die rettende Hand.

Inzwischen waren Merril und seine Kameraden im Fort Niabrara angekommen. Freudig wurden sie empfangen. «Wo habt denn ihr gesteckt?», rief ihnen einer zu, «wir dachten schon, ihr kämet niemals wieder.» - «Viel hat wirklich nicht gefehlt», antwortet Merril, «wir standen schon am Marterpfahl.» Merril meldete sich nun beim Obersten, der sein Vater war. Diesem erzählte er alle Abenteuer, die sie erlebt hatten und richtete ihm Winnetous Botschaft aus. Der Oberst wollte aber nicht so recht an die Friedensbereitschaft der Indianer glauben. Doch Merril bekräftigte seine Erzählung mit den Worten: «Doch, Vater, sie meinen es ehrlich, Winnetou will auf der Basis der Vernunft und des guten Willens mit dir verhandeln.» Winnetou hatte sich mit Old Shatterhand und dem Lord an das Ufer eines Sees gerettet. Am nächsten Morgen unter-

Old Shatterhand trifft Lord Castlepool und reitet mit ihm nach New Venango, der Verbrecherspur nachForrester horcht seinen Kumpel Luke nach Neuigkeiten aus

Forrester kommt aus dem Hauptlager der Ölstation und begrüßt spöttisch seinen BesuchAls Grund seines Besuchs gibt Old Shatterhand den Kauf von Vorräten aus dem Store an

nahm Winnetou einen Erkundigungsritt, während sich Old Shatterhand und der Lord am Lagerfeuer ausruhten. Old Shatterhand war gerade dabei, etwas zu essen, als Winnetou zurückkam. Dieser erzählte, Forrester und viele seiner Leute seien noch am Leben, aber bevor man die Banditen mit Hilfe der Soldaten unschädlich machen könne, müsse der Frieden abgeschlossen sein. «Wir reiten jetzt nach Fort Niobrara», schloß er. «Was wird aber aus dem Lord?», fragte Old Shatterhand. «Der verabschiedet sich jetzt von Ihnen», antwortete dieser schnell. Während sich Old Shatterhand und Winnetou Fort Niobrara zuwandten, ritt der Lord in entgegengesetzter Richtung davon, auf der Suche nach neuen Abenteuern. Diese sollten ihm alsobald beschieden sein.

Er ritt nämlich vorerst nach New Venango, um zu sehen, wie es um Forrester und seine Leute stand. Er band sein Pferd an einen Baum, legte sich bäuchlings oben auf den Felsgrat und spähte ins Lager hinunter. Zwei von Forresters Männern bemerkten ihn und pirschten sich lautlos an ihn heran. Einer verabreichte ihm einen wohlgezielten Fußtritt, der Lord kippte vornüber und rutschte kopfvoran den steilen Abhang hinunter auf einige Männer zu. Mit lautem Gelächter wurde der Lord unten empfangen. Forrester kam, um sich nach der Ursache der Fröhlichkeit zu erkundigen. Er erkannte den Lord sogleich und befahl: «An den Pfahl mit ihm! Er hat Old Shatterhand geholfen, die Arbeiter aufzuwiegeln.» Als der Lord gefesselt war, fragte er ihn: «Wo ist Old Shatterhand?» - «Ich weiß es nicht», antwortete der Lord. «Ach, das wißt Ihr nicht», spottete Forrester, «na, dann bleibt Ihr halt so lange am Pfahl, bis es Euch wieder einfällt.»
Der neue Mond hatte sich gerundet, und wie verabredet ritten von überall her die Stammeshäuptlinge nach Fort Niobrara. Auch Winnetou und Old Shatterhand ritten über die Prärie, um sich zu ihnen zu gesellen. Sie ritten schweigend. Plötzlich sagte Winnetou: «Weißer Bruder, wenn der Friede gerettet ist, will ich Ribanna fragen, ob sie meine Frau werden will. Dann bin ich nicht mehr allein.»
Im Fort Niobrara erwartete man ungeduldig die Ankunft der Häuptlinge. Der Oberst war immer noch mißtrauisch gegen die Indianer. Aber Merril bat ihn, wenigstens zu versuchen, sich mit ihnen zu einigen. Plötzlich krachte ein Kanonenschuß, und Merril rief erregt: «Sie kommen!» Alle liefen hinaus, um die Häuptlinge ankommen zu sehen. Schon kamen sie einer nach dem andern mit ihren Kriegern angaloppiert: Winnetou und Old Shatterhand allein, Tah-scha-tunga mit zehn Kriegern, Wa-bish-keh, Häuptling der Osagen, mit zehn Kriegern, Chapatan, Häuptling der Navajos, mit zehn Kriegern. Auch die Häuptlinge der Sioux, der Dakotas, der Mandans, der Pawnees, der Comanchen, Schoschonen und Crow- Indianer, jeder von zehn Kriegern begleitet, kamen an. Alle trugen ihre prächtigsten Gewänder und ritten in gestrecktem Galopp, ihre Waffen schwingend, ins Fort ein. Nur der Ponca- Häuptling fehlte. Die Häuptlinge stellten sich im Halbkreis um den Obersten auf, ihre Krieger in respektvoller Entfernung dahinter. Der Oberst verlas die Friedensbotschaft des weißen Vaters in Washington. Er endete: «Es geschah viel Unrecht. Wir werden die Schuldigen bestrafen und den Schaden ersetzen.» Zustimmendes Nicken und Murmeln der Häuptlinge. Plötzlich sprengte der Ponca-Häuptling heran, sprang vom Pferd und schrie: «Krieg! Die Bleichgesichter haben die

Forrester und seine Leute machen sich auf ihre Weise über den Besuch lustigDie Ponca-Indianer stürmen die Ölstation

Hinter einem Felsen lauert der bei dem Gemetzel geflohene Ponca-Häuptling - seine Rachestunde ist da! Forrester hat Old Shatterhands Plan erkannt, seine Arbeiter für sich zu gewinnen

Leute meines Stammes umgebracht und unser Dorf zerstört. Krieg!» Dabei stieß er seine Lanze heftig in die Erde. Mehrere Häuptlinge stießen ebenfalls ihre Lanzen, in die Erde und schrien: «Krieg!» Der Oberst versuchte vergeblich zu erklären, daß die Banditen bestraft werden würden. Von allen Seiten tönte es: «Krieg!» Der Häuptling der Sioux rief: «Wir können den Bleichgesichtern nicht mehr glauben. Wer garantiert mir, daß solche Überfälle nicht wieder vorkommen?» Da trat Merril vor: «Ich werde euch zeigen, daß die Weißen die Indianer achten. Ein neuer Bund soll zwischen uns geschlossen werden. Eine eurer Töchter soll als Frau eines Weißen ins Fort Niobrara einziehen.» Vor Tah-scha-tunga tretend sprach er laut: «Ich bitte euch, großer Häuptling der Assiniboins, gebt mir eure Tochter Ribanna zur Frau.» Bei diesen Worten erstarrte Winnetou, während die Häuptlinge einer nach dem andern ihre Lanzen wieder aus der Erde zogen. Der Friede war gerettet. Still stahl sich Winnetou davon, um mit Ribanna zu sprechen.

Winnetou traf Ribanna auf einem Hügel, wo sie ihn erwartet hatte. Freudig eilte sie auf ihn zu. Doch wortlos führte er sie in ihr Zelt, wo er ihr alles erzählte: «Du weißt jetzt, das Wohl unseres Volkes hängt von dir ab», schloß er. Aber Ribanna rief: «Niemand kann uns zwingen, wir fliehen in die Berge, ich hole mein Pferd!» Da trat Tah-scha-tunga ins Zelt. «Weiß sie es schon?», fragte er. «Sie weiß es», antwortete Winnetou. Zu Ribanna sagte er fest: «Gehorche deinem Vater», und verließ das Zelt. Draußen gesellte er sich zu Old Shatterhand und sagte leise: «Ich habe gelernt, den Frieden zu lieben. Jetzt fordert der Frieden ein Opfer von mir, das die Sonne der Freude in meinem Herzen erlöschen läßt.» Stumm legte ihm Old Shatterhand die Hände auf die Schultern.

Bald darauf heiratete Ribanna im Fort Niobrara den Leutnant Merril. Auch Winnetou und Old Shatterhand waren unter den Gästen. Aber bevor die Trauung beendet war, verließen sie das Fort und ritten langsam davon. Aufmunternd sagte Old Shatterhand zu Winnetou: «Es gibt noch viel zu tun, mein Bruder, denke an Forrester.» Entschlossen nickte Winnetou und trieb seinen Rappen an zum Galopp.

Noch immer stand der Lord, an den Pfahl gefesselt, in der glühenden Nachmittagssonne. Schweiß rann ihm über das Gesicht. Seine fortwährenden Bemühungen, die Fesseln oder den Pfahl zu lockern, blieben erfolglos. Von Zeit zu Zeit kam Forrester, um sich höhnisch nach Old Shatterhand zu erkundigen, doch der Lord schwieg beharrlich. Dafür spitzte er die Ohren und vernahm manches von den Gesprächen der Männer, die an ihm vorübergingen. Eben hatte sich der Wächter von ihm abgewandt. Da traf ihn ein Steinchen, jemand mußte es von der nächsten Hausecke aus geworfen haben. Der Lord blickte dorthin und sah Winnetou, der verstohlen auf den Wächter deutete. Der Lord verstand. Er rief dem Wächter eine Frechheit zu, so daß sich dieser sofort ihm zuwandte. Mit einem letzten Ruck riß der Lord den Marterpfahl aus der Erde, bückte sich und hieb das obere Pfahlende dem Wächter so auf den Schädel, daß dieser zusammenbrach. Mitsamt dem Pfahl hopste der Lord zu Winnetou, der ihn eilends losschnitt. Iltschi stand schon bereit und zog Winnetou und den Lord an einem Lasso den steilen Abhang hinauf.

Einer der Arbeiter muß seinen Mut mit dem Leben bezahlen - aber vorher kann er noch mit der Sturmglocke Signal gebenOld Shatterhand und die Arbeiter, die soeben mit Waffen ausgerüstet wurden, werden von Forrester überrascht

Der Ponca-Häuptling hat eine brennende Fackel in den Ölteich geworfen. Alles Löschen ist zu spät!Als Castlepool zur Ölstation hinunterblickt, wird er von hinten unsanft den Berg hinunterbefördert

Natürlich blieben sie nicht unbemerkt. Einige Schüsse knallten, Verfolger machten sich auf. Doch Old Shatterhand hielt sie von oben in Schach, bis Winnetou und der Lord in Sicherheit waren. Als die ersten Verfolger oben anlangten, war von den dreien längst nichts mehr zu sehen. Als sie in Sicherheit waren, erzählte der Lord, was er erlauscht hatte: «Forrester ist mit 54 Mann zum Redstone-Canyon geritten. Dort will er eine Kolonne von sechs Siedlerwagen überfallen. Er will es so machen, daß es aussieht, als ob Indianer den Überfall verübt hätten.» Old Shatterhand rief: «Wir müssen die Siedler warnen, schnell, vielleicht ist es noch nicht zu spät!»

So schnell sie konnten, schwangen sie sich auf ihre Pferde und jagten, tief über die Hälse der Tiere gebeugt, in gestrecktem Galopp dem Redstone-Canyon zu. Von weitem schon sahen sie die rauchenden Trümmer der umgestürzten Siedlerwagen. Sie waren zu spät gekommen. Sie stiegen ab und betrachteten tief bekümmert die stummen Zeugen des Überfalles. Mit traurigem Lächeln hob Old Shatterhand den Teddybären eines Kindes auf. Doch mit grimmiger Miene wies Winnetou auf die Indianerpfeile, die in den Toten und überall im Boden steckten. Aus einer Wagendeichsel zog er einen Tomahawk. Bitter sagte er: «Schlau eingefädelt ist das.»
Plötzlich schrie Old Shatterhand: «Forrester!» Und schon sahen sie Forresters Banditen auftauchen. Forrester rief ihnen höhnisch zu: «Ihr kommt zu spät, edle Friedensengel. Einer meiner Leute ist jetzt schon im Fort Niobrara. Er wird als «einziger Überlebender» berichten, wie böse die Roten hier gehaust haben.» Old Shatterhand und Winnetou ließen sich nicht einschüchtern. Sie eröffneten das Feuer, gleichzeitig hinter einem umgestürzten Wagen in Deckung gehend. Von einer Deckung zur andern und fortwährend auf die Banditen schießend, zogen sie sich hinter einen Felsgrat zurück. Trotz eines wahren Kugelhagels aus den Revolvern der Feinde blieben sie unverletzt, während mehrere Banditen von ihnen niedergestreckt worden waren. Forresters Leute versuchten immer wieder, den Felsgrat zu erklimmen, aber gut gezielte Schüsse warfen sie jedesmal zurück. Cäsar sagte zu Forrester: «Siebzehn Leute haben wir schon verloren, wollen wir uns nicht zurückziehen?» Doch Forrester antwortete finster: «Wir dürfen sie nicht entkommen lassen, sie wissen, daß die Indianer nichts mit dem Überfall zu tun haben.» Oben auf dem Grat, versteckt hinter einem Felsbrocken, schüttelte Old Shatterhand den Kopf: «Sie sind zu viele für uns.» Doch Winnetou antwortete: «Ich weiß eine List, sie wird uns helfen, uns zu retten.» Schnell klemmten sie ihre Revolver zwischen Steinen fest und banden lange Schnüre an die Abzüge. Jeder eine Schnur in der Hand und damit in regelmäßigen Abständen die Revolver abfeuernd, schlichen sie sich dann davon. Unten am See angekommen, ließen sie die Schnüre liegen, durchschwammen den See und konnten so der Bande entkommen.
Unterdessen schleuderten die Banditen mit einem Hebebaum ein ganzes Faß Dynamit hinter den Felsen, wo sie Winnetou, Old Shatterhand und Castlepool vermuteten. Als sich Rauch und Staub gelegt hatten, rannten sie frohlockend hinzu. Da gab es lange Gesichter, als ihnen klar wurde, daß sie mit einer List hereingelegt worden waren und die drei Freunde sich längst davongemacht hatten. Forrester wußte auch, wohin sie reiten würden und gab barsch den Befehl zur eiligsten Flucht.

Mit einem Schrei kommt Castlepool bäuchlings den Arbeitern entgegenForresters Leute brechen bei diesem Anblick in schallendes Gelächter aus

Winnetou hat den von Forrester gefangenen Castlepool entdeckt und befreit ihn unter schwierigen UmständenDer gerettete Castlepool erzählt, daß Forrester einen Überfall auf einen Siedlertreck plant

Die Toten und Verwundeten sollte man liegenlassen. Mit dem Rest seiner Getreuen floh Forrester nun vor der Rache der Indianer und der Soldaten.

Im Fort Niobrara war eben der «einzige Überlebende» angekommen. Stammelnd und weinend erzählte er dem Obersten, die Indianer hätten die Siedlerwagen überfallen und alle Siedler außer ihm ermordet. Der Oberst sagte zornig: «Da seht ihr, so sind die Indianer.» Captain Bruce bekam Befehl, frühmorgens mit 40 Mann zum Redstone-Canyon zu reiten und sofort zu melden, wenn sie die Erzählung des Mannes bestätigt fänden. Dann wehe den Indianern. Merril und Ribanna glaubten nicht an die Schuld der Indianer. Merril suchte den «einzigen Überlebenden», überwältigte und fesselte ihn, wickelte ihn in eine Decke und schnallte ihn auf ein Packpferd. Eilig ritten nun Merril und Ribanna mit ihrem Gefangenen durch die Nacht zum Dorf der Assiniboins, um diese zu warnen. Unter den drohend ragenden Lanzen der Krieger, vor den finsteren Gesichtern des Häuptlings und der Ältesten gestand der «einzige Überlebende», er nannte sich Luke, alle Schandtaten Forresters und auch die üble Rolle, die er nach dem Überfall auf die Siedler gespielt hatte. Die Empörung unter den Indianern war groß. Weithin hallte ihr Kriegsgeschrei. Tah-scha-tunga befahl: «Brecht die Zelte ab. Frauen und Kinder ziehen in die Höhle, Ihr, Merril und Ribanna, bleibt bei ihnen. Ich führe die Krieger nach New Venango.» - Nach kurzer Zeit waren die Zelte abgebrochen und Frauen und Kinder in der Höhle untergebracht. Merril und Ribanna schauten den davonreitenden Kriegern nach. Luke blieb unter der strengen Bewachung zweier Krieger zurück. Forrester und seine Gefährten ritten in halsbrecherischem Tempo auf den Blackwood-River zu. Diesen gedachten sie zu überqueren und von da die Grenze zu erreichen. Es war ein heißer Tag. Gnadenlos stach die Sonne hernieder auf die fliehenden Banditen. Schweiß strömte ihnen über die Gesichter. Durst quälte sie. Der waghalsige Ritt strengte sie an. Auch ihre Pferde begannen die Strapazen zu spüren. Immer häufiger strauchelten sie. «Wir schaffen es nicht», keuchte einer. «Wir müssen es schaffen», zischte Forrester, «sonst sind wir verloren.» Endlich gelangten sie an einen klaren Wasserlauf. Die Männer flogen aus den Sätteln, legten sich bäuchlings halb ins Wasser und tranken. Zwischen ihnen standen die Pferde und löschten ebenfalls ihren Durst. Aufatmend meinte einer der Banditen: «Hier wollen wir lagern.» Doch Forrester saß schon wieder auf dem Rücken seines Pferdes und rief: «Wir müssen weiter, unser Vorsprung ist nur gering. Wer hier zurückbleibt, fällt den Verfolgern in die Hände.» Und schon jagte er davon, bald gefolgt von seinen Kumpanen. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten sie den Blackwood-River. Menschen und Tiere waren erschöpft. So beschloß Forrester, die Nacht hier zu verbringen und die Flucht erst am Morgen fortzusetzen.
Während sich seine Gefährten auf der Flucht befanden, lag Luke gefesselt und bewacht unter einem Baum. Bei Anbruch der Nacht zündeten seine Wächter ein Feuer an. Ihre Wachsamkeit hatte nachgelassen, weil Luke, offenbar in sein Schicksal ergeben, sich ruhig verhielt. Luke dachte aber nicht daran, sich zu ergeben. Vorsichtig rollte er sich, nach jeder Drehung lange wartend, auf das Feuer zu. Die Wächter standen in einiger Entfernung. Luke drehte sich mit dem Rücken

Auf einem Ritt durch die Landschaft gesteht Winnetou seinem Freund, daß er Ribanna heiraten möchteIm Fort Niobrara haben sich Oberst Merril, Old Shatterhand und die Soldaten versammelt

Von allen Seiten kommen die Indianer zur großen FriedenskonferenzDer Ponca-Häuptling will die ermordeten Indianer seines Stammes rächen und erklärt Krieg

zum Feuer, ergriff eine Kohle und sengte sich damit die Handfesseln durch. Schnell löste er auch die Fußfesseln, packte den am Boden liegenden Tomahawk eines Wächters, schnellte hoch und schlug die beiden Indianer mit zwei scharfen Hieben zu Boden. In langen Sätzen rannte er zu seinem Pferd, schwang sich hinauf und machte sich auf den Weg, Forrester einzuholen. Als er am Blackwood-River ankam, dämmerte schon der Morgen, und Forrester und seine Leute waren am Aufbrechen. Mit freudigem Geschrei empfingen sie Luke. Dieser sprach: «Wir brauchen nicht weiter zu fliehen. Ich weiß, wo die Frauen und Kinder der Assiniboins sich versteckt halten. Merril und Ribanna sind dabei. Die nehmen wir nun alle als Geiseln. Los, zuerst zum Dorf der Assiniboins. Von dort müssen wir nach Süden reiten und dazu genau bis 900 zählen. Dann kommen wir zu einer Höhle, und dort sind sie versteckt.» - «Auf!», rief Forrester, «das ist unsere Rettung!»

Captain Bruce ritt mit seinen 40 Mann wie befohlen zum Redstone-Canyon. Was er dort sah, überzeugte ihn von der Schuld der Indianer. Sofort sandte er Boten ins Fort zurück. Er selber wollte mit den übrigen hier bleiben, die Toten begraben und auf Verstärkung aus dem Fort warten. Dann sollten die Rothäute verfolgt und bestraft werden. Noch am selben Tag stieß der Oberst persönlich mit allen verfügbaren Soldaten zu ihm. Sie rüsteten sich eben zum Aufbruch nach dem Dorfe der Assiniboins, als Old Shatterhand bei ihnen eintraf. Von ihm vernahmen sie, wie sich die Sache in Wirklichkeit verhielt. Sie beschlossen nun, unter Old Shatterhands Führung den Spuren der Banditen zu folgen und die Verbrecher endlich gefangen zu nehmen. Sie kamen bis an den Blackwood-River, wo die Spuren plötzlich kehrt machten. Old Shatterhand erkannte, daß sie zum Dorf der Assiniboins führen mußten. Größte Eile war nun geboten - wenn es nicht schon zu spät war - den Indianern Hilfe zu bringen. Tah-scha-tunga und seine Krieger fanden in New Venango alles verlassen vor. Erst nach langem Klopfen öffnete ihnen ein zurückgekehrter Arbeiter und erklärte ihnen, von Forresters Leuten sei niemand mehr hier. Enttäuscht hielten die Indianer Rat. Sie beschlossen, zu der Höhle zurückzureiten und nachzusehen, ob dort alles in Ordnung sei, bevor die Verfolgung Forresters wieder aufgenommen werden sollte. Unterwegs schloß sich ihnen Winnetou an. Er überbrachte Tah-scha-tunga eine Botschaft von Old Shatterhand. Die beiden Häuptlinge sollten mit den Kriegern sofort zur Höhle reiten. Old Shatterhand würde mit den Soldaten ebenfalls hinkommen.

Ribanna und Merril wähnten sich mit den Frauen und Kindern der Assiniboins in der Höhle in Sicherheit. Sie hielten sich sorgfältig verborgen und zündeten auch kein Feuer an, um nicht durch den Rauch ihr Versteck zu verraten. Nur Merril trat von Zeit zu Zeit vor die Höhle, um nach den Kriegern der Assiniboins Ausschau zu halten. Einen Tag und eine Nacht hatten sie schon in der Höhle verbracht. Gegen Mittag des zweiten Tages trat Merril wieder ins Freie, um sich umzusehen. Es zeigte sich niemand, doch der Wind trug deutlich den Klang von Pferdehufen und das Schnauben der Tiere zu ihm herauf. Schnell wandte er sich um und lief in die Höhle zurück. «Sie kommen, die Krieger kommen zurück!», rief er Ribanna und den andern Indianerinnen zu. Lauter Jubel erhob sich. Alle drängten vor den Eingang, um die Heimkehrenden

Die Freunde blicken sorgenvoll zum Häuptling: Nur eine Hochzeit zwischen Ribanna und Leutnant Merril rettet den FriedenFür Winnetou bedeutet diese Lösung ein großes Opfer, das der Frieden von ihm fordert

Im Zelt der Assiniboins verhandelt man über die bevorstehende HochzeitWinnetou nimmt schweren Herzens Abschied von Ribanna

zu empfangen. Merril schaute scharf nach den Reitern aus. Eben bogen sie um einen Felskopf. Da erkannte Merril Forrester und seine Bande. «Schnell zurück, es sind Feinde!», rief er den Frauen und Kindern im Höhleneingang zu. Eilends verschwanden alle in der Höhle. Ribanna folgte ihnen und gebot ihnen absolute Stille. Niemand durfte reden oder sich bewegen. Kein Laut durfte aus der Höhle dringen. Merril verbarg sich neben dem Eingang hinter einem Felsbrocken. Langsam, im Schritt, kamen Forrester und seine Männer geritten. Luke zählte laut: «Achthundertsieben - achthundertacht - da, diese Höhle muß es sein!» Damit zeigte er zum dunkel gähnenden Höhleneingang hinauf. Forrester befahl: «Vorwärts!» und gab seinem Pferd die Sporen. Im Galopp folgten die andern.
Jetzt stürzte Merril tief geduckt in die Höhle zurück. Er bedeutete Ribanna: «Wir müssen weiter zurück, sie haben die Höhle entdeckt, sie kommen herauf!» Sofort sammelten alle in lautloser Hast den Hausrat auf und verschwanden in den dunklen Tiefen der Höhle, einen kleinen See umgehend. Dann versteckten sie sich hinter Tropfsteinen und Felsblöcken und verharrten regungslos.
Forrester und seine Leute sprangen vor dem Aufstieg zur Höhle von den Pferden. Geduckt, mit schußbereiten Waffen, pirschten sie sich nach oben auf den Eingang zu. Jetzt waren sie da. «Merril, ihr sitzt in der Mausefalle!», rief Forrester in die Höhle hinein, kommt ohne Waffen mit eurer Frau heraus, sonst seid ihr alle verloren!» Hastig fragte Merril Ribanna: «Hat die Höhle einen zweiten Ausgang?» Ribanna antwortete: «Weiter hinten führt eine schmale Spalte nach oben, aber die Wände sind glatt, niemand kann da hinauf.»
Nun drangen Forrester und seine Kumpane mit brennenden Fackeln in die Höhle ein. Merril und Ribanna hörten es. Merril raunte Ribanna zu: «Wenn wir ganz still und unbeweglich sind, bemerken sie uns vielleicht nicht.» Jetzt nahten die Banditen. Mit den Worten «sie müssen hier sein» hob einer eine Indianerdecke vom Boden auf. Jetzt waren sie beim See. Der Schein der Fackeln spiegelte sich im Wasser. Jetzt waren sie ganz nahe, gingen vorbei, ohne die Versteckten zu sehen. Da fing ein kleines Kind klagend zu weinen an. Schnell drückte ihm die Mutter die Hand auf den Mund. Zu spät. «Da sind sie!», schrie Forrester und fuhr herum. Jetzt schoß Merril. Von der Kugel getroffen taumelte Luke nach hinten. Auch Ribanna schoß, und wieder fiel einer der Banditen. Nun begannen auch die Banditen zu schießen. Merril wurde getroffen und ließ seine Waffe fallen. Während sich Ribanna über ihn beugte, wurden sie von Cäsar und Forrester gepackt und hochgerissen. Man band ihnen die Hände auf den Rücken und stieß sie schimpfend und fluchend dem Ausgang zu.

Forrester hatte nur einen Mann als Wache bei den Pferden zurückgelassen, die andern nahm er alle mit in die Höhle. Der Wächter schaute gespannt seinen Kumpanen nach. Als der letzte im Höhleneingang verschwunden war, wurde der Wächter blitzschnell von hinten überfallen, am Schreien ge-

Ernst und gefaßt zeigt sich Winnetou bei der HochzeitszeremonieUnter den Augen Winnetous erklärt der Kaplan Ribanna und Leutnant Merril als Mann und Frau

Ein Überlebender, in Wirklichkeit aber ein Gesandter Forresters, wird ins Fort gebrachtMerril und Ribanna verlassen unter dem Vorwand, zum Jagen zu reiten, das Fort und nehmen Luke - zu einem Bündel verschnürt - mit

hindert und gefesselt. Old Shatterhand und der Oberst waren mit den Soldaten angekommen. Sie zerrten den gefesselten Wächter hinter einen Felsblock und begaben sich dann alle in Deckung, doch so, daß ihnen der Ausblick zur Höhle frei blieb. Sobald sich der erste Bandit im Höhleneingang zeigte, eröffnete Old Shatterhand das Feuer. Forrester gab Carter den Befehl, die Höhle nach einem zweiten Eingang abzusuchen. Zu Merril gewendet lachte er höhnisch: «Eure Leute werden Augen machen, wenn wir euch und eure Frau als Schild benutzen.» Dann trat er hinter einen Felsen beim Eingang.
Hinter einem mächtigen Baumstamm hervor trat nun Old Shatterhand und rief laut zur Höhle hinüber: «Ergebt euch, die Höhle ist umstellt. Legt die Waffen nieder und kommt mit erhobenen Händen heraus!» - «Achtung, wir kommen!», ertönte sogleich Forresters Antwort. Die gefesselte Ribanna als Schild vor sich her schiebend, trat er aus der Höhle. Cäsar stieß Merril hinaus. Sofort stellten die Soldaten das Feuer ein. Der Oberst stöhnte entsetzt: «Merril und seine Frau!» - Jetzt rief Forrester laut: «Ich habe hier zu befehlen, nicht ihr. Ribanna und Merril sind in meiner Gewalt. Wenn ihr sie lebendig wieder haben wollt, habt ihr folgende Bedingungen anzunehmen: 1. Freien Abzug für mich und meine Leute bis zur Grenze. 2. Tausend Schuß Munition. 3. Verpflegung für zwei Wochen. 4. Alles ist niederzulegen bei Old Shatterhands Baum. 5. Ihr zieht euch alle außer Schußweite zurück.
Erfüllt ihr diese Bedingungen, lassen wir unsere Gefangenen an der Grenze frei. Andernfalls . . .» Ein bedeutungsvolles Schweigen folgte. Der Oberst knurrte: «Dieser Schuft!» Um Zeit zu gewinnen, entgegnete Old Shatterhand den Banditen: «Wir nehmen an, aber unsere Packpferde mit Munition und Lebensmitteln sind weit zurückgeblieben. Wir brauchen eine Stunde, um sie herzuholen.» - «Gut», erklärte Forrester, «aber keine Minute länger.» Cäsar befahl er: «Bringt die beiden Gefangenen hinten zum See und bindet sie dort an.» Er selbst zog sich auch in die Höhle zurück. Unterwegs traf er auf Carter, der von seinem Erkundungsgang im Innern der Höhle zurückkam. Er meldete: «Es gibt keinen zweiten Ausgang, außer einer engen Felsspalte. Diese öffnet sich 40 Fuß über dem Höhlenboden. Da kann man nur mit einem Seil hinaus, das von oben heruntergelassen wird.» Forrester befahl, zwei Mann als Wache bei der Spalte zu postieren.

Die Zeit verging. Angespannt lauschten der Oberst und Old Shatterhand auf ein Geräusch, das ihnen die Ankunft Tah- scha-tungas mit seinen Kriegern verraten sollte. Aber nichts ereignete sich. Schon war die Hälfte der Frist um. Besorgt blickte der Oberst vor sich hin, während Old Shatterhand fieberhaft auf andere Möglichkeiten zur Rettung sann. Im Hintergrund der Höhle wurden Ribanna und Merril an einen Felsblock gefesselt. «Fürchte dich nicht, Ribanna», tröstete Merril, «die Freunde werden uns retten.» Leise antworte seine Frau: «Ribanna hat keine Angst - sie hat Old Shatterhand gesehen und weiß darum, daß auch Winnetou nicht weit ist.» Geführt von Tah-scha-tunga und Winnetou kamen die Assiniboins durchs Felsental geritten. Winnetou ritt schweigend neben Tah-scha-tunga, aufmerksam seinen eindringlichen Worten folgend. Sie hatten die Schüsse von der Höhle her vernommen und wußten, was sie zu bedeuten hatten. In einem engen Talkessel zügelte Tah-scha-tunga sein Pferd, deutete auf eine wilde Geröllhalde und rief: «Da!» Sofort

Der gefesselte Luke, als Spion erkannt, befreit sich durch GewaltDie beiden Freunde wollen helfen, finden aber nur noch die Trümmer des Trecks - und Indianerpfeile!

Forresters Abwehrmethode in einem erneuten Kampf, die gleich beim ersten Versuch versagtDie Explosion des Dynamitfasses erfolgt zu spät, 0ld Shatterhand, Winnetou und Castlepool haben sich in Sicherheit gebracht

galoppierte Winnetou auf die Geröllhalde zu, gefolgt von zwanzig Kriegern. Sie wollten zu dem See, den Tah-scha- tunga Winnetou bezeichnet hatte. In diesen See mündete der Höhlenbach. Die Mündung wollten sie suchen und dann, unter Wasser schwimmend, in die Höhle eindringen, um Ribanna und Merril beizustehen. Tah-scha-tunga ritt weiter zur Höhle. In der Höhle wartete Forrester ungeduldig darauf, daß sich Old Shatterhand melde, oder daß die Frist ablaufe. Aber nichts ereignete sich. Plötzlich rief ihm einer vom Eingang her zu: «Boß, seht, dort unten!», und zeigte aufgeregt ins Tal hinunter. Forrester beugte sich vor und sah Tah-scha-tunga herangaloppieren, gefolgt van der langen Reihe seiner Krieger. Neben Old Shatterhand sprang der Häuptling vom Pferd. «Der wird sich hüten, frech zu werden,» murmelte Forrester, «er weiß, daß wir seine Tochter haben.»
Inzwischen war die Stunde fast vorbei. Forrester trat vor die Höhle und rief: «Heh, ihr da unten, die Zeit ist um! Wenn ihr uns zum Narren haltet, lasse ich den Gefangenen die Zunge herausschneiden! Ich gebe euch noch zwei Minuten!» Mit der Uhr in der Hand stand er da, laut zählend: «Achtundfünfzig - neunundfünfzig - sechzig.» In diesem Moment gab Old Shatterhand das Zeichen zum Angriff. Schießend stürmten die Soldaten, geführt von Old Shatterhand, Tah-scha-tunga und dem Obersten, den Aufstieg zur Höhle. Forrester wurde in den Arm getroffen und flüchtete in die Höhle.

Winnetou und seine Krieger waren beim See angekommen. Am gegenüberliegenden Ufer sahen sie das Felsentor, durch welches der Höhlenbach in den See mündete. Die Indianer legten ihre Jagdröcke und die Gewehre am Seeufer nieder. Pfeile und Bogen, Messer und Tomahawk behielten sie. Einer nach dem andern glitt hinter Winnetou ins Wasser, um den See zu überqueren. In den Felsen des gegenüberliegenden Berghanges sahen sie Krieger der Assiniboins zum Ausgang der Felsspalte klettern. Bald hatten sie das Felsentor erreicht. Noch einmal atmete Winnetou tief ein und tauchte dann dicht an den Felsen in die Tiefe. Seine 25 Krieger folgten ihm ohne Zögern einer nach dem andern. Unter Wasser schwammen sie in langer Reihe ins nachtdunkle Innere des Berges. Jenseits des engen Felsentores weitete sich die Höhle. Die Schwimmer konnten auftauchen. Doch sie mußten im Wasser bleiben. Dicht über ihnen hingen schwarz und drohend die Felsen. Endlich wichen sie zurück. Die Höhle weitete sich. Der Bach wurde zu einem See. Sie waren angekommen. Lautlos stiegen sie ans Ufer und schlichen im Schatten der Felsen auf die trockene Höhle zu, wo sie Ribanna und Merril mit den Frauen und Kindern zu finden hofften. Von weitem sah Winnetou jetzt den Schein der Fackeln. Bald konnte er die Gesichter der Indianer und der Banditen erkennen. Auch Ribanna und Merril, an den Felsen gebunden, waren zu sehen. «Ribanna!», hallte jetzt geisterhaft Winnetous Stimme aus den Tiefen der Höhle. Erschrocken sprangen die Banditen auf, während das Echo Winnetous Ruf aufnahm und vielfach wiederholte. Ribannas Augen leuchteten auf. «Er ist da, Ribanna hat es gewußt», flüsterte sie. Laut rief sie: «Winnetou!» Auch dieser Ruf wurde vom Echo aufgenommen und hallend wiederholt. Die Banditen fuhren herum und starrten auf Ribanna. Es war ihnen unheimlich zumute. In diesem Augenblick brach gellend das vielstimmige Kriegsgeschrei der Krieger los: «Eija - hei!» und widerhallte tausendfältig von den Ge-

Old Shatterhand, Winnetou und Castlepool haben den See durchschwommen und können so der Bande entkommenDie Forrester-Bande erwartet Luke, der ihnen das Versteck der Assiniboins verrät

Forrester nimmt Ribanna und Merril als Geiseln fest - doch Winnetou bringt Rettung!Winnetou und die Assiniboins reiten den geflüchteten Banditen nach

wölben der Höhle. Überall schienen jetzt indianische Krieger aus den Felsen zu wachsen. Im schwirrenden Hagel ihrer Pfeile flohen die Banditen dem Höhlenausgang zu. Doch die Pfeile erreichten sie alle. Einer nach dem andern sank getroffen zu Boden, und bald sausten die Tomahawks der Krieger auf die noch lebenden nieder.
Gleichzeitig drang Old Shatterhand mit den Soldaten in die Höhle ein. Mit gut gezielten Schüssen empfingen sie die flüchtenden Banditen. Sich der wilden Schüsse aus deren Gewehren nicht achtend, drangen sie weiter vor. Gleichzeitig mit Winnetou langte Old Shatterhand bei den beiden Gefangenen an. Winnetou befreite eben Ribanna, dann Merril von den Fesseln. In diesem Moment sah Old Shatterhand, wie Forrester mit seinem Revolver auf Ribanna anlegte. Da hob er seinen Henry-Stutzen, drückte ab, und mit einem unterdrückten Schrei ließ Forrester seinen Revolver aus der getroffenen Hand fallen. Das Kampfgetümmel dauerte noch eine Weile an. Die Banditen wehrten sich verzweifelt gegen die Übermacht der Indianer. Schließlich wurde der Lärm schwächer. Forrester war besiegt, alle seine Leute tot. Er selbst suchte in wilder Hast aus der Höhle zu entkommen.
Merril und Old Shatterhand wollten den fliehenden Forrester verfolgen. Doch Winnetou hielt sie mit den Worten zurück: «Laßt ihn, er gehört der Rache der Assiniboins.» Forrester rannte ohne sich umzublicken bis zur Felsenspalte, aus der Tageslicht herabsickerte. Er versuchte, zu der Spalte hinaufzuklettern - umsonst. Er wandte sich nach rechts. Bewegungslos, mit gespannten Bogen und aufgelegten Pfeilen, empfingen ihn zwei Krieger. Er wandte sich nach links - auch hier die drohenden Pfeile der Indianer. Er rannte auf den Hauptgang der Höhle zu - vergebens - maskengleiche Indianergesichter, gespannte Bogen, ragende Pfeile auch hier. Verzweifelt schaute er zur Felsspalte hinauf. Da - langsam senkte sich aus der Spalte eine Strickleiter herab. Rasch ergriff er sie und kletterte an ihr empor. Unten nahten die Krieger, doch keiner schoß.
Oben an der Spalte, hinter Felsen versteckt, warteten die Assiniboins auf Forrester. Sie hatten die Strickleiter hinuntergelassen. Bei ihnen befand sich auch der Ponca-Häuptling. - Jetzt zwängte sich Forrester aus der Spalte. Aufatmend streckte er sich. Aber alsbald floh er, von Fels zu Fels springend, weiter. Schon glaubte er sich gerettet. Da traf ihn der schwirrende Pfeil des Ponca-Häuptlings in die Schulter. Aufstöhnend schaute er sich um. Entsetzt gewahrte er an der Kante der Felswand eine lange Reihe Assiniboins, die alle mit ihren Pfeilen auf ihn zielten. Da rannte er, den Pfeil noch immer in der Schulter, weiter. Da gellte ein Kriegsruf aus der Felswand: «Eija- hei!», und von vielen Pfeilen getroffen stürzte Forrester in die Tiefe. Am Fuße der Felswand blieb er liegen - tot.

Schluß
Tah-scha-tunga war mit seinen Kriegern ins Fort Niobrara gekommen, um mit dem Obersten den Frieden zwischen Rot und Weiß zu besiegeln. Die Soldaten standen stramm, als sich der Häuptling und der Oberst unter dem Sternenbanner feierlich die Hand reichten. Auch Winnetou, Old Shatterhand, Ribanna und Merril schauten ergriffen zu.
Bald darauf verabschiedete sich Winnetou zum letzten Male von Ribanna und ritt mit seinem weißen Bruder Old Shatterhand über die Prärie neuen Abenteuern entgegen.

Auch Old Shatterhand ist nicht mehr weit: Hinter einem Felsen versteckt, wartet er darauf, die Bande angreifen zu könnenForrester findet durch Indianerpfeile den Tod. Alle sind glücklich, daß der Frieden wiederhergestellt ist


ORIGINAL

ALLE BILDER AUS DEM CINEMASCOPE-FARBFILM NACH DEM GLEICHNAMIGEN ROMAN VON KARL MAY "WINNETOU II" COPYRIGHT ©1964
PRODUKTION: RIALTO-FILM PREBEN PHILIPSEN/ JADRAN-FILM
VERLEIH: CONSTANTIN-FILM


FILM-PLAKATE-POSTER

Winnetou 2. TeilWinnetou 2. Teil (EA Constantin 0864)

Plakat DIN A1 "Winnetou 2. Teil" (EA Constantin 0864) und (EA Constantin 0764)


REFERENZ

Erscheinungsjahr 1964  (EA 17.09.1964)
Regie Dr. Harald Reinl
Drehbuch Harald G. Petersson
Musik Martin Böttcher
Kamera Ernst W. Kalinke
Film Cinemascope (2.35:1), 35 mm, Eastman Color
Original-Film (KINO) 2578 m = 94 min. 14 sec.
TV/VIDEO/DVD * 90 min. 27 sec.
FSK: Ab 12 Jahren, später ab 6 Jahren (gekürzte Fassung)
Bemerkungen Bambi (1965)
Goldene Leinwand (1965)
Prädikat "Wertvoll"
* Die Differenz zur Kinofilm Laufzeit erklärt sich durch die um ein Bild pro Sekunde höhere Video Bildfrequenz.
(KINO 24 Bilder/Sek.) (TV 25 Bilder/Sek.) (PAL-SYSTEM)